In der Nacht wurden wir durch ein starkes Gewitter geweckt. Ansonsten schliefen wir früh, erholsam und lange. Wir haben das gute Gefühl, dass wir seit der vierten Etappe nun gut im „Wander-Modus“ angekommen sind. Hier und da zwickt und schmerzt natürlich etwas, aber wir fühlen uns grundsätzlich fitter und sind nicht mehr so erschöpft am Ende eines Tages. Nur der „Talfuß“ macht sich doch bemerkbarer als der Bergfuß.
Nach dem Frühstück besorgen wir im Supermarkt nebenan noch unsere Marschverpflegung. Kurz bevor es losgeht kommt auch nochmal die Wirtin heraus, wünscht uns eine gute Wanderung und versorgt uns noch mit Brioches. Um 9:30 Uhr starten wir. Im Dorf geht es steil zum Höhenweg hinauf. Das Wetter ist traumhaft. Blauer Himmel, strahlende Sonne und ein klarer Blick auf die Berge. Vor allem der Ortler grüßt in weißem Gewand aus der Bergkette heraus. Der Weg führt zunächst an einem ausgetrockneten Waalweg entlang. Wir passieren immer wieder Weidegatter.
Wir haben den Blick ins Tal, wo wir das Örtchen Glurns entdecken, mit seinem alten Stadtkern umringt von der Stadtmauer und dem neuen Teil außenherum. Nach 1:20 h sehen wir das erste Mal ein Schild mit einem Hinweis auf unser heutiges Ziel: Planeil 3:30 h. Von den vorlaufenden Nachwuchswanderern hören wir: „Oh, mein Gott“ Oh, mein Gott!“ Als wir zu ihnen aufschließen, lassen sie schnell etwas in ihrem Rucksack verschwinden. Es handelt sich wohl um einen seltenen Bergkristall, der aufgrund seines Wertes mitgenommen werden will. Da die Kinder-Trinkblasen heute nur halb gefüllt sind, scheint das zusätzlich Gewicht wohl nicht zu stören.
Jetzt beginnt der zweite Anstieg, der oben mit einem wunderschönen Rastplatz und einer Schaukel belohnt wird. Die Berge im Hintergrund wirken wie eine Kulisse.
Weiter oben treffen wir auf einmal auf zwei große Laster von Europcar und wundern uns, ob hier denn vielleicht eine Fernsehproduktion stattfindet. Und dann kommt gleich: „Und jetzt gehen Sie bitte nochmal den Berg hinauf, winken in die Kamera und sagen ´Servus`!“ Nein, ein paar Meter weiter erkennen wir ein professionelles Pfadfinder-Lager mit Solarpanellen und Dixies-Klos.
Dicke Wolken ziehen zügig auf. Doch die Paraglider im Tal beruhigen uns, denn bei Gewitterwarnung würden sie sicherlich nicht fliegen. Wir kommen wieder auf eine Forststraße, auf der wir laut Wanderführer circa 200 Höhenmeter hinauf müssen, bevor es nochmal vor einem letzten Anstieg hinab geht. Doch Kurve um Kurve schlängeln wir uns den Berg hinauf. Das kann nicht sein. Wir müssten längst den höchsten Punkt erreicht haben. Wir bleiben stehen. Der Reiseleiter geht nochmal ein Stückchen zurück, bestätigt aber bei der Wiederkehr, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Bärentatze war – wie in unserer Erinnerung – an die Felsenwand gezeichnet. Also folgen wir weiter den Wegmarkierungen, obwohl sowohl GPS-Uhr als auch das Buch den Weg nicht kennen und uns woanders langführen würden. Wir machen nochmal Rast auf einem großen Holzschlitten, bevor es weiter den Berg hinauf geht.
An einer Gabelung, die links jedoch nur zu einer Hütte führt, kommt es uns langsam seltsam vor, da sich das Dorf immer weiter von uns im Rücken entfernt. Der Reiseleiter entscheidet alleine ein Stück den Weg hinauf zu gehen, auf der Suche nach einer Wegmarkierung. Wenn er mit der Trillerpfeife ein Signal schicke, dann sollten wir nachkommen. Wir warten. Nach kurzer Zeit ein Pfiff. Wir pfeifen zurück und machen uns ebenfalls auf den Weg nach oben. Dort angekommen führt ein offensichtlich neu angelegter Weg durch den Wald am Hang weiter. Es geht steil über die Wurzeln hinauf. An manchen Stellen wurden aus Holzbalken Treppenstufen eingezogen. Dann müssen wir durch hohes Gras, über und unter umgeknickte Bäume und stehen auf einmal im Dickicht. Das kann nicht richtig sein. Der Reiseleiter geht wieder ein Stück voran, bleibt nach 30 Metern auf einer kleinen Lichtung stehen und ruft: „Hier ist kein Weg. Aber hier müssen schon Mehrere kehrt gemacht haben. Wo haben wir eigentlich die letzte Markierung gesehen?“ Keine Ahnung, muss schon ein bisschen her sein. Wir drehen um. Ich sehe ungefähr 50 Meter über uns etwas Blaues und etwas Rotes – zwei Wanderer. Ich rufe hinauf: „Ist das dort oben der Weg nach Planeil?“ „Ja,“ kommt die Antwort. „Wie kommen wir denn dort hin?“ „Sie müssen 100 Meter zurück. Da ist eine Markierung!“
Also wieder zurück durch das Dickicht und tatsächlich finden wir die Stelle, wo wir weiter hinauf anstatt nach links hätten gehen. Dies scheint aber offensichtlich schon Mehreren so ergangen zu sein.
Wir gehen also weiter einen schmalen Pfad hinauf, bevor wir erneut auf einer Forststraße landen. Diese führt nun schlangenförmig endlich ins Tal hinab. Weiter unten sehen wir nun auch die beiden Wanderer, die uns zugerufen haben. Es fängt nun doch an zu regnen. Schnell schmeißen wir unsere Capes über und erreichen Planeil auf der einzigen kleinen Bergstraße, die sich schmaler werdend durch das Bergdorf schlängelt – wunderschön.
Mitten im Ort unsere heutige Unterkunft. Mal wieder die Einzige, wo sich Hinz und Kunz zum Klönen und Kartenspielen treffen. Wir beenden unsere heutige Etappe tatsächlich schon um 15 Uhr, sodass ganz viel Zeit für Eis und Kaffee und entspannen bleibt. Die Kinder würden mit Malutensilien, Autos und Büchern versorgt. Die Erwachsenen chillen auf dem überdachten Balkon mit Blick auf die frisch gewaschene Wäsche und das Bergpanorama, das wir heute erklommen haben.
Flop des Tages: das kurzzeitige Verlaufen im Wald.
Top des Tages: die Schaukel auf dem Berg.
Unsere Statistik des Tages: 936 Höhenmeter hoch, 949 Höhenmeter runter, 19,15 km Gesamtstrecke, 5:50 h Wanderzeit
Empfohlene Regenerationszeit: 9 Stunden
Verbrauch des Tages: 8 Liter Wasser, 4 Brötchen, 3 Kaminwurzer, 1 Packung Kekse, 1/2 Riesenpackung Waffeln
Erkenntnis des Tages: Wir sind eingegroovt.