- NEEEEIINNN!!! Kirchenglocken! Ich werde wahnsinnig. Heute wollten wir eigentlich nochmal ausschlafen. Doch ich wage es nicht auf die Uhr zu gucken als das Gebimmel von allen Seiten losgeht. Bitte nicht schon wieder. Schon im letzten Jahr raubte uns das Geläut wertvollen Schlaf.
Beim Sortieren unserer Habseligkeiten fällt auf, dass wir nicht nur Zahnpasta und Kontaktlinsenmittel (beides wurde in Sinsheim nachgekauft), sondern auch eine Kniebandage, den Reiseführer und Sonnenschutzmittel vergessen haben. Kein Wunder, dass uns die Rucksäcke so leicht vorkamen. Lag nicht nur an der fehlenden Befüllung der Trinkblasen. Während des Frühstück versuche ich also herauszufinden, ob man sich von Amazon auch an das nächste Etappenziel Entsprechendes schicken lassen kann.
Apropos Gepäck. Kurzer Einschub zum „leichten“ Packen: Reisezahnbürsten statt der Elektrischen, ein Shampoo für alle und alles statt Conditioner etc., Kamm statt Bürste, „Schlüpferbadehose“ statt Badeshorts, Funktionsshirts statt Baumwolle, minimalisiertes Portemonnaie statt Brieftasche.
Nach dem Frühstück entdecken wir eher zufällig eine weitere kleine Tasche nebst Reiseführer und Sonnenmilch – Erleichterung.
Ausgestattet für einen Tagesausflug geht es heute zum Schloss Juval. Zu Fuß 15 Minuten zur Talstation eines Bus-Shuttles, zu dem uns die Kinder im Hinblick auf die nächsten Tage überredet haben. Gut so bei 33 Grad. Vorbei an einem Radler-Treff, dessen Name wohl nicht nur dem skurilen Baum gewidmet ist.
Just in time startet der Fahrer mit uns die Serpentinen und berichtet dabei, dass das Schloss 1983 von Reinhold Messner erworben und aufwendig saniert worden sei. Die umliegenden Weinberge werden von zwei renommierten Winzerfamilien bewirtschaftet. Solange die Leistung stimme, lasse man ihnen freie Hand. Zu dem 1000 Jahre alten Schloss gehören zudem zwei Höfe. Beim Ausstieg oben empfiehlt er uns noch den längeren Waalweg anstatt der Straße – bei der Hitze eine gern angenommene Empfehlung.
Das Schloss ist wirklich sehenswert und verschafft uns nicht nur erholsame Kühle, sondern gibt auch einen beeindruckenden Einblick in Messners private Bergausstattung und Speisekammer. Zum Glück ist wenig los, fast sind wir alleine dort oben. Und heute ohne Zeitdruck.
Am Nachmittag geht es zurück ins Tal. Nicht ohne uns vorher von dem Hofhund oben zu verabschieden, der sich bei unserer Vesper so anhänglich zeigte, als gehöre er zur Familie. Denken zumindest andere Wanderer.
Im Vinschger Bauernladen im Tal entscheiden wir uns für einen Einkauf zum Abendbrot anstatt einem erneuten Pizzeria-Besuch. Einen Rest Pizza haben wir auch noch im Karton. Dann muss ich den wenigstens nicht mit zur Wanderung nehmen, wie mir von Mitreisenden vorgeschlagen worden ist.
Motto des Tages: im Schatten kann man es aushalten.